Diagnose und Förderung des Verständnisses der chemischen Bindungslehre

Forscher Adrian Zwyssig

Übergeneralisierung ist eine der grossen Herausforderungen beim Lehren und Lernen neuer naturwissenschaftlicher Konzepte. Eine solche Übergeneralisierung der Lernenden beobachtet man auch bei der chemischen Bindungslehre, eines der wichtigsten Themen im gymnasialen Chemieunterricht. Typischerweise vernachlässigen Lernende den Unterschied zwischen den drei verschiedenen Bindungstypen (kovalente, ionische und metallische Bindungen) und benutzen das Konzept der kovalenten Bindung auch für metallische und ionische Stoffe. Unsere Voruntersuchung mit Studienanfängern an der ETH Zürich (naturwissenschaftliche Fachrichtung, September 2020, N = 1030) hat ergeben, dass diese und weitere Fehlvorstellungen zur chemischen Bindungslehre verbreitet sind, obwohl die Themen im gymnasialen Chemieunterricht behandelt wurden. Zudem zeigte sich, dass das Unterscheiden von zwischenmolekularen Kräften von chemischen Bindungen vielen Studierenden weiterhin Mühe bereitet. Es drängt sich folglich die Frage auf: Wie lässt sich das Verständnis der chemischen Bindungslehre besser fördern?

Um Verwechslungen und der Übergeneralisierung von ähnlichen Konzepten entgegenzuwirken, haben sich in der Lehr- und Lernforschung vergleichende und kontrastierende Aktivitäten als besonders effektiv erwiesen. Aus diesem Grund habe ich neue Lernmaterialien entwickelt, die viele vergleichende und kontrastierende Aufträge zu den verschiedenen Bindungstypen enthalten, um die Unterschiede zwischen den Bindungstypen besser hervorzuheben. In der laufenden Vor- und Nachtest-Untersuchung an Schweizer Gymnasien (N = ca. 260) wird die Experimentalgruppe einer Vergleichsgruppe gegenübergestellt. In der Experimentalgruppe wird untersucht, ob die neu entwickelten Lernmaterialien zu konzeptuellem Wandel führt und das Verständnis der Unterschiede zwischen den verschiedenen Bindungstypen effizient gefördert wird. Mithilfe einer Vergleichsgruppe soll festgestellt werden, wie gross der Lernzuwachs typischerweise bei traditionellem Unterricht zur Bindungslehre ist. Vorläufige Ergebnisse der Pilotstudie deuten darauf hin, dass die neu entwickelten Lernmaterialien im Vergleich zum herkömmlichem Unterricht besser geeignet sind, um Konzeptwandel im Bereich der chemischen Bindungslehre erfolgreich zu fördern.

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